Bremsen

Die Bremsanlage ist ein ganz entscheidender Punkt bei einem Rennwagen. Hier unterscheidet sich das Anforderungsprofil auch erheblich von dem eines Strassenautos. Während beim Strassenauto die optimale Bremsleistung auch bei kalter Bremse schon anliegen sollte und davon auszugehen ist, dass die Bremsanlage nach einer Vollbremsung wieder relativ viel Zeit zum Abkühlen hat ehe sie wieder voll zupacken muss, liest sich das Pflichtenheft einer Renn-Bremsanlage etwas anders: Die Kaltbremseigenschaften sind sekundär, da auf der Rennstrecke die Anlage ja warmgefahren und auf eine optimale Betriebstemperatur gebracht werden kann. Jedoch muss die Anlage auch bei permanenter Dauerbelastung (Vollbremsung folgt unmittelbar auf Vollbremsung) möglichst gleichbleibend stark zupacken und sollte nicht überhitzen und zum sog. Fading (Verschieben des Druckpunktes des Bremspedals bis hin zum "Durchfallen") neigen.

Es sollte auf jeden Fall neue und gute Hochleistungs-Bremsflüssigkeit (ideal aber teuer: "Castrol SRF"; auch gut, günstiger und überall zu bekommen: "ATE Typ 200" (oder "Super Blue Racing") eingefüllt werden. Diese kann die Standfestigkeit der Bremse im Rennbetrieb schon sehr positiv beeinflussen!

Flüssigkeit:

Trocken-
siedepunkt:

Naß-
siedepunkt:

 

Castrol SRF

303°C

264°C

 

ATE Typ200 &
Super Blue Racing

280°C

200°C

 
   

DOT4 Spezifikation

230°C

155°C

Desweiteren sollten spezielle Bremsbeläge montiert werden (spätestens, wenn die alten eh gewechselt werden müssen). Hier gibt es verschiedenste Mischungen von diversen Herstellern. Jeder Belag hat einen anderen Charakter und es gibt Sportbeläge mit Strassenzulassung und reine Rennbeläge!
Sehr gut sind beispielsweise die Rennbeläge von "Pagid". Es gibt sie in versch. Farben, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften haben. Leider haben diese Beläge keine Strassenzulassung, obwohl Porsche die gelben Pagids ab Werk auf dem GT3 montiert ("schlecht" können diese Beläge also auch auf der Strasse nicht sein!). Ich selbst fahre auf dem Turbo zur Zeit "Pagid Blau" und bin sehr zufrieden damit. Enorme Verzögerung (auch bei kalter Bremse!) und der einzige Nachteil im Vergleich zu einem "normalen" Straßenbelag ist die zum Teil in der Stadt etwas nervige "Quitscherei".
Entscheidet man sich für einen Rennbelag, sollte auf jeden Fall auch eine sehr hochwertige Bremsflüssigkeit verwendet werden (siehe Absatz oben).


Ein Serienbelag für die HA und ein Pagid RS 4-2 (blau)
Rennbelag für die 304mm VA-Anlage

Wenn neue Scheiben montiert werden, sollten es welche in gelochter Ausführung sein! Diese sind zwar teurer als die nur innenbelüfteten, aber haben bei Dauerbeanspruchung den Vorteil der besseren Kühlung. Nicht vergessen sollte man, gelegentlich die Scheiben auf Risse zu prüfen, vor allem dann, wenn man gelochte Scheiben fährt! Bei extremer Beanspruchung, gerade in Verbindung mit Rennbelägen kann so eine Scheibe Risse bilden und dann im Extremfall beim Bremsen brechen!
Auch sollten die Löcher der gelochten Scheiben nach harter Beanspruchung mit Druckluft ausgeblasen werden, da sie sich sonst "zusetzen" und reißen können. Falls der Bremsstaub schon in den Löchern verklebt ist (z.B. nach Fahrten im Regen), empfiehlt sich gar das Ausbohren der Löcher mit einem Bohrer!


Die orig. Porsche 322mm Scheiben mit passender Topftiefe vom 964 Turbo

Die Bremssättel legen die Größe der Beläge und damit die Reibfläche auf der Scheibe fest. Je größer, desto mehr Flache und desto besser wird die entstehende Wärme verteilt. Falls die Anlage trotz guter Kühlung, Flüssigkeit und Beläge immer noch überhitzen oder zum Fading neigt, muss auf eine insgesamt größere Bremsanlage umgebaut werden. Je nach Fahrzeug und verbauten Radnaben kann mehr oder weniger einfach eine größere Anlage aus dem Porsche-Baukasten verbaut werden. Für Modelle mit Schwimmsattelbremse ist ein Umbau auf die 298mm 4-Kolben-Festsattelanlage nur möglich, wenn ein paar weitere Modifikationen vorgenommen werden. (Genaueres bitte vor dem Umbau selbst abklären). Modelle mit der 298mm 4-Kolben-Festsattelanlage können nur mit Adaptern (von denen eher abzuraten ist) oder durch den gleichzeitigen Tausch von Radnabe und Achsschenkel auf die 304mm Anlage aus dem M030 Paket umgebaut werden. Fahrzeuge mit der 304mm M030 Bremse können problemlos auf die 928GTS/993Turbo 322mm Bremse umgebaut werden.


Der 4-Kolben-Festsattel vom 928 GTS für die 322mm Scheiben

Eine umfangreiche und informative Seite zum Bremsenumbau (am Beispiel 968 CS) hat Stefan Laudien auf seiner Seite.

Mindestens so wichtig wie die Auswahl der richtigen Komponenten für die Bremsanlage ist es, die Bremsanlage nicht durch "falsches" Bremsen zu überlasten. Wichtig dabei ist, die Bremsbeläge nicht durch "zögerliches" Dauerbremsen lange auf die Scheiben zu drücken. Dadurch wird sehr viel Wärme von den Belägen respektive der Bremsflüssigkeit aufgenommen. Beide überhitzen und die Bremsperformance sinkt.
Stattdessen wird auf der Rennstrecke kurz aber hart gebremst, um einmal eine möglichst starke Verzögerung zu erzielen und zum anderen die Anlage durch zögerliches "Dauerschleifen" nicht zu überhitzen.
Bei Fahrzeugen mit ABS gilt es noch zu beachten, nicht ständig in den ABS-Regelbereich hinein zu bremsen. Siehe hierzu das Kapitel ABS.